2022 - BARCELONA




OF 24. – 26. Juni 2022

Barcelona, bekannt für seine Kultur im Allgemeinen und seine Architektur im Besonderen, sollte im Juni 2022 das Ziel der OF-Studienreise sein. Patrick hatte nach einem Kurztrip mit seiner Familie einschlägige Erfahrung mit der Stadt und wollte dieses Erlebnis nun auch mit seinen Freunden teilen.

Als Homebase diente das schlichte, aber praktisch gelegene Hotel Silken Ramblas in der Carrer del Pintor Fortuny. Die berühmte Flanier- und Einkaufsmeile La Rambla, ein Wahrzeichen Barcelonas, um nicht zu sagen, das Herzen der Stadt, fand sich in fussläufiger Distanz. Um sich mit den kulinarischen Gepflogenheiten bekannt zu machen und weil nach dem Flug der Magen knurrte, machte man sich auf die Suche nach einer Tapas Bar. Bald wurde man in den verschlungenen Gassen östlich von La Rambla fündig. Auf der Placeta del Pi, einem äusserst lauschigen Plätzchen, erspähte Patrick einen freien Tisch unter einer schattenspendenden Platane. Die Santos Tapas Bar erwies sich als geeignete Adresse, um den ersten Hunger zu stillen und sich ein paar Bierchen zu genehmigen.

Gegenüber der Basilica de Santa Maria gelegen, liess sich bei dieser Gelegenheit auch gleich das erste kulturell wertvolle Gebäude der Stadt bestaunen. Schliesslich war man ja angereist, um auch Bauten des katalanischen Architekturstils des Modernisme, einer Spielart des Jugendstils, zu bewundern. Martin schwärmte denn auch sogleich von den unvergleichlichen Bauten des Architekten Antonio Gaudi. Mit Nachdruck drängte er darauf, La Sagrada Familia, der Kirche, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, baldmöglichst einen Besuch abzustatten. Auch dem Park Güell, einer beeindruckenden Anlage, die Gaudi vollkommen dem Wesen der Natur angepasst hatte, wollte man unbedingt die Aufwartung machen.

So nahm der Nachmittag in gepflegter Atmosphäre seinen Lauf. Bald musste man sich allerdings auch mit der akkuraten Planung des nächtlichen Vergnügens befassen und der Fokus wurde auf andere denn architektonische Genüsse gelenkt. Ein abrupter Umschwung freilich, doch mit dem steigenden Promillepegel liess sich Wesentliches rasch vom Unwesentlichen trennen. Gaudi musste also warten! Wer die OF's etwas besser kennt, kann sich treffsicher ausmalen, dass der berühmte Architekt auch heute noch wartet. Zwar versuchte es Martin immer mal wieder mit einem Appell an das kulturelle Gewissen, doch die Gelüste der OF's schienen sich definitiv anderweitig Bahn zu brechen. Der Modernisme musste dem Simplicisme weichen.

An der Somorrostro Beach, dem Stadtstrand von Barcelona mit seinen Restaurants, Cocktaillounges und Nachtclubs, konnte man denn auch keinen erhabenen Baustil ausmachen, die Optik des Connaisseurs liess sich aber problemlos auf gut Gebautes anderer Art justieren. Während des Dinierens im Restaurant des Clubs Shoko wägte man ab, auf welche Art und Weise man sich vorteilhaft ins Nachtleben integrieren könnte. Wie sich herausstellen sollte, integrierte man sich dermassen perfekt, dass man gleichsam unsichtbar wurde für den Rest des Partyvolks. Die 17- bis 24-Jährigen schienen sich keine grossen Gedanken über die Anwesenheit von ein paar Vätern zu machen.

Weil man sich etwas übergangen fühlte, wollte man anderntags das Glück in einem der Beach-Clubs nachhaltiger herausfordern. Also schlenderte man des nachmittags zum Go Beach, eine der ersten Adressen, wie man sagen hörte. Ein netter deutscher älterer Herr machte die verblüfften OF's darauf aufmerksam, dass hier demnächst eine private Party eines deutschen Unternehmens steigen werde und der Club deshalb nicht zugänglich sei. Man solle es doch im Club des nahen Hotel Hilton Diagonal Mar versuchen, so der Rat des adretten Mittsechzigers.

Der in der fünften Etage gelegene Club Purobeach war denn auch ganz nach dem Gusto der OF's konzipiert. Grosszügige Bar, dezent wummernde Bässe, ein Hauch von Noblesse. Die junge Dame am Empfang schien im Umgang mit Herren im besten Alter ebenfalls routiniert. Dumm nur, dass sie die OF's mangels Reservation auf die Strafbank im Rückwärtigen verfrachtete. Fern des Pools, gleich neben dem Eingang zu den Toiletten bekam man lediglich ein Gefühl davon, wie es hätte sein können, ja sein müssen. Wahrlich keine Situation, um die Korken knallen zu lassen.

Um die Erfahrung des Ausgeschlossenseins reicher, schwor man sich, die Hausaufgaben künftig besser zu erledigen. Um nicht wieder auf dem Abstellgleis zu landen und die eigene Sichtbarkeit multifaktoriell zu erhöhen, bemühte sich Patrick bereits am Nachmittag redlich um ein vielversprechendes Arrangement im Club Opium. Er inspiziert mit der Bedienung im knappen Kleid die Lokalität des Clubs und lotete die Möglichkeiten aus. Schliesslich landete man bei einem 1500-Euro-Deal mit Lounge hoch über der Tanzfläche – eine Grundausstattung anregender Alkoholika inklusive.

Angetan vom erfolgreich abgewickelten Geschäft und frohgemut ob der kommenden blauen Stunden, genehmigte sich Patrick im Strandrestaurant nicht nur eine Paella, sondern auch den einen oder anderen Drink. Um das Setting vollkommen zu machen, spendierte Musti eine Runde kubanischer Zigarren. In Ermangelung architektonischer Highlights beschloss Patrick, sich ersatzweise selbst als Turmbauer zu versuchen. Seine waghalsig konstruierten Gläserpyramiden vermochten Gäste und Angestellte gleichermassen in Verzücken zu versetzen.

Um sich im Hotel von den Strapazen des Strandlebens ein wenig erholen zu können, fand man sich erst wieder um 23 Uhr an gleicher Stätte zum Diner ein. Nach dem Genuss von delikatem Jamon und exquisitem Rindsfilet näherte man sich rasant dem Höhepunkt der Nacht. Mit einem Gläschen Schampus stiess man in der reservierten Lounge auf bevorstehende Abenteuer an. Einer göttlichen Fügung gleich, marschierten in der Nachbarlounge süsse Versuchungen à discrétion auf. Dass die OF's auch diesmal unverrichteter Dinge von dannen ziehen mussten, ist dem Aufmarsch der chinesischen Triaden geschuldet. Wie die Heuschrecken vielen die unappetitlichen Gestalten im Club über die scheinbar vom Chef organisierten süssen Verlockungen her. Die zuvor locker zelebrierten funkigen Moves wollten nicht mehr so recht gelingen. Stattdessen nippten die OF's säuerlich am teuer erkauften Glas und nahmen erneut zur Kenntnis, dass bei der Organisation trotz allem noch Luft nach oben bleibt.