1999 - ITALIEN DER ERSTE
Bericht 1.Weekend
Autor: Dani
Falsch ist, dass ein Militärlastwagen am Bahnhof Horgen mit heruntergelassener Ladeklappe auf unser Einsteigen wartete. Richtig ist, dass wir uns tatsächlich um sechs in der Früh einzufinden hatten, um ungebüsst zu bleiben. Wohlgemerkt, es war Samstag!
Nachdem Gian-Luca seinen Volvo erfolgreich in der Seerose parkiert hat und somit sozusagen pünktlich ist, dürfen wir in einem VW-Bus Platz nehmen, der uns in eine ungewisse Zukunft entführen soll. Unter fachkundiger Leitung von Martin und Roger beginnt eine Odyssee mit nahezu epochalem Charakter.
Kaum auf der Autobahn enthüllt sich Rogers Talent zum Rennfahrer mit eisernen Nerven. So ein Bus läuft ganz schön schnell wenn man das rote Warnlämpchen mit stoischer Ruhe missachtet. Christoph, der gerne selbst hinter dem Steuer Platz nimmt ist die Sache nicht geheuer und er bietet sich schnell als Kopilot an. Schliesslich werden in der Führerkabine die Magennerven weniger gestresst als auf den hinteren Rängen. Bei späterer Gelegenheit sollte sich allerdings herausstellen, dass es um Christophs Magen wirklich nicht zum besten steht. Hinten gehts schon bald ziemlich kräftig ab. Soll mal einer behaupten die Old Friends könnten nüchtern nicht laut sein! Kurz nach dem ersten Boxenstopp durchquert unser Gefährt den Gotthard. In Vorfreude auf den mediterranen Charme in kurzen Röcken schwellt das Geplärr und Gegröle der pöbelnden Meute zu einem solchen Inferno an, dass Mika Wolf sichtlich Mühe bekundet die nötige Ruhe zu bewahren, um Bestzeiten zu erzielen. Ratschläge zur fahrerischen Taktik gibts von hinten ja genug, beschwer dich also nicht Roger!
Dann, in der nähe von Brissago bei mindestens 120 dB, der zweite Boxenstopp. Erster Auftritt von Gian-Luca, unserem papparazzi. Gruppenbild auf stark befahrener Strasse vor dem Lago Maggiore und eine Nahaufnahme von Christoph beim verrichten seiner Notdurft – ja, da hilft alles Schreien nichts. Schonungslos werden die Details auf Celluloid gebannt!
Punkt zehn Ankunft in Stresa (Italien). Good job Roger!
In Anbetracht unserer Stimmung wäre ein Empfangskommittee von knackigen Cheers durchaus angebracht. Statt dessen werden uns von drei Guides Bikerhandschuhe verteilt und ein Sturzhelm auf den Kopf gedrückt. Auf dem Monte Mottarone (1491 m.ü.M.) gibts dann noch den nötigen fahrbaren Untersatz dazu. Leider sind nicht alle Bikes in gleich gutem Zustand, was Peter, Patrick und Dani schnell bemerken und sie zu einem taktischen Stellungsspiel in der Warteschlange veranlasst. Nur das Beste ist gut genug! Schnell Sattel einstellen, Gangschaltung einüben und ab geht's zum Downhill! Der Teufel liegt im Detail und zwar in Form von Steinen die unverhofft vor dem Vorderrad auftauchen und unangenehmen Einfluss auf die Fahrstabilität haben. Die Handgelenke und Finger sind mächtig gefordert. Bremsen, dann wieder loslassen, ausweichen und trotzdem das Hinterrad des Vordermanns nicht aus den Augen verlieren. Schliesslich sind die Old Friends Winnertypen und geben nicht so schnell klein bei. Alles klar? Nur Gian-Luca bekundet einige Mühe und versichert uns, dass dies wirklich die einzige Sportart ist, welche ihn nicht zu Höchstleistungen treibt. Mit den wenigen Gegensteigungen kommen aber auch noch andere in Nöte und haben Gelegenheit sich ernsthaft über ihren Tabakkonsum Gedanken zu machen.
Nicht alles dauert ewig. Mitagessen im Grotto. Feine Pasta und Bier im Überfluss. Das Stimmungsbarometer steigt, die drei Guides nehmens etwas besorgt zur Kenntnis, schliesslich haben wir erst Halbzeit. Trinkfestigkeit und kalkuliertes Risiko bewähren sich auf der zweiten Etappe. Der Rennfahrergeist lässts aber nicht immer zu und so ergeben sich einige brenzlige Situationen. Nichts Schöneres als den Vordermann im Kampf mit einem drohenden Sturz zu sehen und ihn hinter sich zu lassen. Die Guides, von unserer Standfestigkeit überzeugt – wir haben auch die Treppen gemeistert - wählen zum Schluss eine Route dies in sich hat. Absitzen und runterkraxeln ist angesagt. Nur Andi übertrifft sich selbst und schliesst mit einem Salto über den Lenker. Reife Leistung und erst noch unverletzt. Wir geben Stilnote zehn!
Zurück in Stresa wieder mal ein kühles Bier. Terrasse mit Blick auf den See, das Leben kann so schön sein! Nur, verdammt noch mal, Mädchen hats keine! Also steuern wir unser Ausgangsziel an. Martin und Roger werdens schon gerichtet haben. Intragna im Centovalli, Technoklänge sind keine zu vernehmen. Dafür begrüsst uns ein drahtiger, durchtrainierter Abenteuer-Lifestyle Typ und bietet uns zwei Tipi zur nächtlichen Unterkunft an. Das kann ja heiter werden! Also rein in die Ausgangskluft – angesichts der Badlatschen-Zeltplatz-Atmosphäre absolutely overdressed – begeben wir uns ins Zeltplatzrestaurant zu einem Apéro-Bier. Squaws sind keine zu erspähen – also, all ihr hübschen Freundinnen, kein Grund Old-Friends-Anlässe kritisch zu beäugen – ein feucht-fröhlicher Abend und reine Männerfreundschaft erwarten uns. In einem nahegelegenen Grotto verköstigen wir uns mit Entrecôtes und laben uns an einem Gläschen Wein. Irgendwer bestellt eine Grappa-Flasche und stellt sie mitten auf den Tisch. Eins ist klar, die anderen Gäste werden gleich das Weite suchen. Denn jetzt wird's laut. Hugo geht nach links....oder wars jetzt doch rechts? Die Siebnerreihe hat so ihre Tücken und der Grappa auch. Markus entpuppt sich als wahrer Zahlenvirtuos und bleibt nüchtern. Christophs Magen rebelliert nun vollends und entleert sich vor dem Eingang. Da gibt's noch zu üben! Andere haben weniger Probleme und Yves – in weiser Vorahnung unserer Trinkgewohnheiten - spendiert uns zurück auf dem Zeltplatz eine Kiste Bier. Na denn Prost und gute Nacht!
Christoph hat sich erstaunlich gut erholt, will aber auf dem Weg zu unserem nächsten Abenteuer das Steuer trotzdem selbst in die Hand nehmen. Ja ja, so ein Bus ist halt nicht so handlich wie ein Alfa Spyder. Wendemanöver auf schmalen und steilen Strassen bringen Christoph aus der Ruhe und den Motor abermals zum sterben. Ist das Wohnmobil deiner Eltern wirklich keine Erfindung?
Vor einer kleinen Seilbahnstation steht wieder jener drahtige Typ mit zwei Kollegen. Die Zeit scheint zu drängen. Wir zwängen uns also in Neoprenanzüge und zurren unsere Gstältli mit dem Karabiner fest (Vorschläge für die Hochdeutsche Übersetzung von s'Gstältli" werden gerne entgegengenommen). Noch einen Helm auf die Rübe und ab geht's. Das Wasser in diesem unwirtlichen Flüsschen ist bitterkalt aber Old Friends sind keine Memmen und legen sich wagemutig ins Becken. Geiles Feeling hä, wie das Wasser so langsam den ganzen Körper umspült und sich langsam aufwärmt? Und nun gilts ernst. Mutige vor! Über ne felsige Naturrutschbahn muss man sich gleiten lassen, um anschliessend noch fünf Meter in ein Becken zu stürzen. Abseilen unterm Wasserfall....waten...schlurfen...schlipfen....und in das nächste Becken springen. Wir sind schon Teufelskerle. Die Naturgewalt ist wirklich imposant und beinahe unbezwingbar scheinen einige Passagen.
Mit Bärenhunger und müden Knochen entledigen wir uns der nassen Kleider und schleppen uns ins nächste Grotto. Baslerdiitsch ist angesagt. Die erste Frau an diesem Weekend! Schnell besinnen sich die Old Friends ihrer Tugenden und präsentieren sich mit entblösster Brust am Tisch. Schliesslich wollen wir noch etwas braun werden und die nette Basler Dame soll von unseren gestälten Bäuchen in Bann gezogen werden - und Yves lässt ja seine Brusthaare nun auch wachsen!
Für den 007-James-Bond-Sprung, genannt Goldeneye, reichen Mut und Zeit nicht mehr ganz und wir ziehen es vor nach Hause zu fahren. Streng genug wars ja. Auf der Autobahnraststätte dann die Natels zücken und den Freundinnen berichten - schliesslich braucht auch der härteste Mann mal ne kleine Pflege.
Auf zum nächsten Mal Jungs!